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Struktur

Bei einer Maskentechnik gibt die Maske jedes mögliche Muster der Strukturierung vor. Die verschiedenen Strukturen der S-layer sind daher von besonderem Interesse, da allein diese Strukturen mit einem S-layer als Maske auf Oberflächen erzeugt werden können.

Nach den ,,International Tables for Crystallography`` [27] existieren 230 Raumgruppen, d.h. 230 verschiedene Möglichkeiten dreidimensionale (3D) Objekte in einem 3D Kristall anzuordnen. Im zweidimensionalen (2D) Raum gibt es äquivalent die 17 Ebenengruppen. S-layer sind 3D Objekte, die sich in einer 2D Ebene anordnen und damit ein Sonderfall. Solche Kristalle können als 3D Kristalle, die nur eine Schicht dick sind, angesehen werden, oder als 2D Kristalle, mit einer endlichen Dicke. Diese Kristalle werden allgemein zweiseitige Ebenengruppen genannt, von denen es 80 gibt [30]. Da die Proteine nur aus L-Aminosäuren bestehen, sind von diesen 80 möglichen zweiseitigen Ebenengruppen nur 17 für Proteine möglich, denn diese 17 sind nicht spiegelsymmetrisch.2.3 Wenn man weiterhin berücksichtigt, daß die zwei Seiten des S-layers unterschiedlich sind, bleiben nur noch 5 zweiseitige Ebenengruppen übrig [32]. Die Polarität und die somit evidente unterschiedliche Innen- und Außenseite wurden schon erläutert.

Die für S-layer möglichen Symmetriegruppen sind p1, p2, p3, p4 und p6 (vergleiche Abbildung 1.2).

Abbildung: Die fünf möglichen Symmetrien von S-layern, nach [52]
\includegraphics [width=\textwidth]{Bilder/symmetries.eps}

Die Symmetrien, in der sich die S-layer anordnen können, sagen jedoch noch nichts darüber aus, wie sich die Molekülketten innerhalb dieser Symmetrien anordnen. Strukturuntersuchungen bei vielen S-layern ergaben, daß zwischen massiven und dünnen Domänen unterschieden werden kann. Während die massiven Domänen eine Kernregion (Core) bilden, die etwa 80% des gesamten Molekulargewichts beinhaltet, dienen die dünneren Regionen (Spokes) zur Verbindung.

Dies veranlaßte 1986 Saxton und Baumeister dazu ein genaueres Klassifikationsschema für den strukturellen Aufbau der S-layer einzuführen [3, Appendix]. Die von ihnen eingeführte Notation M$_n$C$_m$ beschreibt die Struktur der Moleküle nach der Massenverteilung um die Symmetrieachsen. Die massiven (M für massive) Kernregionen bilden sich aus $n$ massiven Domänen und die Verbindungen (C für connectivity) bilden sich aus $m$ dünnen Domänen jeweils an den Symmetrieachsen. Die Möglichkeiten der Anordnung für die fünf verschiedenen Symmetrien sind sehr begrenzt. Für p6 gibt es sechs Möglichkeiten, für p4 noch drei und für p1, p2 und p3 nur jeweils eine Möglichkeit.

Abbildung 1.3: Klassifikation von S-layer Strukturen nach Saxton und Baumeister, aus [3, Appendix]. Die Kugeln sind die massiven Domänen (M) und die Stege dienen der Verbindung (C).
\includegraphics [width=.9\textwidth]{Bilder/Klassifikation.eps}

Abbildung 1.3 zeigt jeweils eine Elementarzelle der zwölf Möglichkeiten nach den Symmetrien geordnet. Man erkennt sofort, daß die Packungsdichte und damit auch die Porosität je nach Struktur des S-layers sehr unterschiedlich sein kann.


Seit Entdeckung der S-layer wurde ihre Struktur mit sehr unterschiedlichen Methoden untersucht. Zuerst waren es elektronenmikroskopische Untersuchungen, die jedoch sehr aufwendig waren und genaue Präparationen des S-layers voraussetzten, da die Proteine selbst fast keinen Kontrast im Mikroskop geben.

Eine häufig verwendete Methode zur Strukturuntersuchung ist die Negativkontrastierung des Proteins. Dabei wird das S-layer Protein mit Metall-haltigen Salzen eingefärbt, die dann im Elektronenmikroskop einen Kontrast geben. Dort, wo sich die Proteine befinden ist dann kein Metall zu sehen und an den übrigen Stellen hat man starken Kontrast aufgrund der Salze. Man bekommt also ein Negativbild des Proteins [5]. Eine weitere Methode ist die Metallschattierung. Dabei wird eine dünne ($\leq$10Å) Metallschicht (meist Tantal oder Wolfram) in einem bestimmten Winkel, gerichtet auf die Probe aufgedampft. Die Probe hat je nach Bedampfungswinkel und Oberflächenstruktur eine unterschiedliche Abdeckung und gibt daher einen Kontrast im Elektronenmikroskop [4,63]. Eine weitere elektronenmikroskopische Präparationsmethode die hier erwähnt werden soll beinhaltet kein Verfahren zur Kontrasterhöhung. Bei diesem Verfahren werden die Proben bei Temperaturen unter 180K gefriergetrocknet und im Elektronenmikroskop mit sehr niedrigen Strahlungsdosen untersucht. Vorteilhaft ist, daß man dadurch einen Kontrast von den Proteinen selber erhält, die Proben werden jedoch durch längere oder stärkere Bestrahlung zerstört [23].

Im Gegensatz zu den elektronenmikroskopischen Untersuchungen, die meist die Massenverteilung innerhalb des Proteingitters ermitteln, ermöglichte die Entwicklung des Rasterkraftmikroskops in den achtziger Jahren eine genauere Untersuchung der Topographie der Oberfläche [34,46].

Die moderne Gentechnik ermöglicht es, die exakte Nukleotidsequenz der Gene zu entschlüsseln. Aus der Nukleotidsequenz kann die vollständige Aminosäuresequenz des S-layer Proteins abgeleitet und mit Hilfe von Computersimulationen die Faltungen und Anordnungen der einzelnen Aminosäuren berechnet werden. Somit ist es möglich die gesamte Struktur eines S-layers zu berechnen. Aufgrund der vielen verschiedenen Anordnungsmöglichkeiten und der mehreren hundert Aminosäuren in einem S-layer Protein sind diese Berechnungen jedoch sehr aufwendig und greifen immer noch auf schon bestehendes Wissen aus anderen Strukturuntersuchungen zurück [47].


Viele S-layer können nicht nur in großen Stücken, sondern auch als isolierte Proteine in einer Lösung aus der Zellwand der Bakterien gewonnen werden. Die isolierten S-layer Proteine vieler Bakterien rekristallisieren, nach dem Entzug der isolierenden Reagenzien, auf geeigneten Oberflächen oder in Suspension wieder in zweidimensionale Strukturen. Je nach Strukturierungsbedingungen (pH-Wert, Ionenanordnung u.a.) bilden sie geschlossene Bläschen, Zylinder mit offenen Enden oder flache Ebenen. Untersuchungen zu diesen Rekristallisationen haben gezeigt, daß S-layer selbstorganisierende Systeme sind, bei denen jedes einzelne Monomer alle notwendigen Informationen zur Rekristallisation enthält [48].


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Michael Panhorst
2001-01-23