Im Jahre 1953 berichtete A. L. Houwink zum ersten Mal von der Zellwand eines Bakteriums deren Makromoleküle in einem hexagonalen Muster angeordnet waren [31]. Dies war die erste Entdeckung von S-layern und schien zunächst eine Kuriosität zu sein. In den folgenden Jahrzehnten wurden jedoch viele verschiedene Bakterienstämme gefunden, die einen S-layer als äußere Zellwandkomponente besitzen. Heute wird davon ausgegangen, daß 10 bis 20% aller Bakterienstämme einen S-layer besitzen [32].
Nach Hovmöller et al. [32] kann man Bakterien aufgrund der Architektur ihrer Zellwand klassifizieren. Man unterscheidet Archaebakterien und Eubakterien, und die Eubakterien werden weiterhin in Gram-positiv2.1 und Gram-negativ unterteilt. Abbildung 1.1 zeigt einen vereinfachten Zellwandaufbau der unterschiedlich eingeordneten Bakterienstämme und ihrer Besonderheiten.
Die Zellwand umschließt den Einzeller vollständig und erfüllt verschiedene Aufgaben. Sie ist relativ steif, um chemischer und mechanischer Belastung standzuhalten. Außerdem ist sie wichtig für Zelladhäsion und dient gleichzeitig der Erkennung von Angriffen durch Bacteriophagen oder Antikörper. Die Zellwand muß Nährstoffe in die Zelle hinein und Abfallprodukte herausbefördern, wobei eine konstante chemische Komposition innerhalb der Zelle wichtig ist [54]. Die Cytoplasmamembran (CM) verhindert eine unkontrollierte Diffusion von Lösungen in die Zelle hinein und aus der Zelle heraus. Sie ist von Brückenproteinen durchsetzt, die den Stofftransport in die Zelle hinein und aus der Zelle heraus regulieren. Gram-negative Bakterien habe neben der CM noch eine zweite Lipidschicht über der Peptidoglycanschicht. Die Peptidoglycanschicht verstärkt die Stabilität und die Widerstandsfähigkeit der Eubakterien. Zusätzlich zu diesen Zellwandbestandteilen, gibt es bei vielen Bakterienstämmen noch eine weitere Proteinschicht, die S-layer Proteine.
S-layer sind nach außen im allgemeinen hydrophil, was jedoch je nach Bakterienstamm verschieden sein kann, und tragen eine negative Ladung. Die einzelnen Proteine der meisten S-layer wechselwirken untereinander nichtkovalent über ionische Bindungen, Wasserstoffbrückenbindungen oder durch hydrophobische Wechselwirkungen [52]. Durch einen hydrophoben Strang an der Innenseite des Proteins sind sie in der darunterliegenden Membran verankert. Dazu ist eine -Helix aus etwa 25 rein hydrophobischen Aminosäuren nötig [32].
S-layer bestehen meist aus nur einem Protein mit einem Molekulargewicht zwischen 40 und 200kDa 2.2[57].
Es wird vermutet, daß die S-layer viele verschiedene Funktionen für die Zelle erfüllen, da sie häufig und auf verschiedensten Bakterienstämmen vorkommen [7]. Bisher existieren jedoch nur wenig experimentelle Beweise, die die einzelnen Vermutungen stützen. Die Funktionen eines S-layers herauszufinden gestaltet sich schwierig, da er ein wesentlicher Bestandteil der Zellwand ist. Seine Funktionalität kann oft nicht von der Funktionalität der andereren Zellwandbestandteile getrennt betrachtet werden.
S-layer wurden besonders häufig auf solchen Bakterien gefunden, die in extremen Umgebungen (z.B. hohe Temperaturen oder hohe Salzkonzentrationen) überleben können. Daher wird vermutet, daß die S-layer besonders wichtig sind, um das Bakterium vor einer unwirtlichen Umgebung zu schützen. Es ist jedoch noch unklar wie die S-layer das Bakterium gegen die Umgebungsbedingungen schützen.
Da die S-layer meist die äußerste Schicht des Bakteriums bilden, sind sie hauptverantwortlich für die Eigenschaften der Oberfläche des Bakteriums und damit auch für die Adhäsion zu anderen Zellen. In einigen Fällen dient der S-layer auch als Rezeptor für Bacteriophagen.
Für Archaebakterien ohne eine starre Peptidoglycanschicht bilden die S-layer außerdem das formgebende Stützgerüst. Mutierte Eubakterien ohne S-layer haben jedoch die gleiche Form wie ihre natürliche Spezies mit S-layer. Die S-layer sind also nicht immer formgebend [32].
Aufgrund ihrer Robustheit und ihrer außerordentlichen Struktur (siehe auch Abschnitt 1.1.2) haben die S-layer heute schon viele technologischen Anwendungen. Man verwendet sie u.a. als molekulare Siebe, als Molekül- und Ionenfallen, zur Unterstützung von Liposomen und zur Immobilisierung von biologisch aktiven Makromolekülen. Einen Überblick über die verschiedenen Anwendungen geben z.B. [53] und [58]. In dieser Arbeit werden S-layer als Maske zur Oberflächenstrukturierung verwendet.